(Bild: Courtesy of Gucci)
Als im Mai in Londons Westminster Abbey die Gucci Cruise Collection zu sakralen englischen Chorälen gezeigt wurde, kam mir sofort ein Song in den Sinn: „West End Girls“- 1984 von den Pet Shop Boys geschrieben. Mit den Zeilen „In a West End Town a dead End World. The East End Boys and West End Girls“ bringt das Lied auf einen Nenner, was bei Gucci die Spannbreite der Kollektion zwischen Brit Punk, New Romantic und High End angeht. Dabei, mit kleinem Abstand betrachtet, ist alles recht tragbar. Es gibt viele Teile, die auch für Kunden geeignet sind, die normalerweise auf urban Streetstyle stehen und gar nicht auf Luxusbrands und formelle Kleidung.
Doc Martens, Domestos Jeans – einst „very East End“ – sind nicht nur Dank des Vetements Hypes und deren Kooperationen deutlich auf der Begehrlichkeitenliste der Fashion Crowd nach oben gerutscht. Dabei handelt sich, zumindest in England, um ewige Klassiker.
Bilder: Courtesy of Gucci
Wenn wir uns jetzt die Lookbook-Bilder der Cruise Männerkollektion anschauen, wirken die Outfits mit typischer Opulenz trotzdem wie aufgepeppte Basics, die sich wunderbar im Alltag tragen lassen und dabei das gewisse Extra haben.
Die Dandy Attitüde der Oscar-Wilde-Zeit und die viktorianischen Elemente lassen erahnen, dass die Jungs, die es heute tragen, eher aus Kensington oder Belgravia kommen, aber mit weißen Socken in den schottischen Kilt-Schuhen, aufgestickten Hundemotiven auf den College Jacken und Bombern und den Samtkappen ihre Komfortzone verlassen, um in die Londoner Subkultur abzutauchen.
Bilder: Courtesy of Gucci
Exzentrisch aber trotzdem absolut heutig, gelingt es Alessandro Michele einen Stilmix zu kreieren, den man quasi mit wenigen Teilen, die man wahrscheinlich bereits daheim hat, zu erzeugen. Schaut man sich die einzelnen Stücke an, haben viele davon das Potenzial, nicht zur Eintagsfliege zu verkommen, sondern uns lange zu begleiten. Separat gesehen sind es wahre Klassiker der Gentlemans Garderobe mit wunderbaren Zitate aus der Fashion History.
Bilder: Courtesy of Gucci
Ob traditionelle englische Menswear Stoffe für die schmal geschnittenen Anzüge, wie Wollflanell in „Racing Green“ oder Tartan Stoffe für Jackets und Ulster-Jacken, verspielte Liberty Prints, grober Tweed oder die Union-Jack-Loafer, die wie eine Hommage an Patrick Cox wirken – die gesamte typische englische Schneiderkunst wurde einmal durch die Gucci Waschmaschine gejagt und kam „gucciisiert“ mit allerlei Patches, Stickereien, Fabeltieren, Schmetterlingen, Schlangen und asiatischen Tigern versehen wieder heraus. Als hätten die East End Boys einfach mal die Garderobe der West End Girls geplündert und alles gemixt.
Bilder: Courtesy of Gucci
Die geniale Mischung, mit den Augen eines tiefsinnigen Designers wie Alessandro Michele gesehen, überlässt natürlich nichts dem Zufall. So schafft er es wieder, alles total zu Gucci werden zu lassen, indem er die Markencodes mit den Elementen von Gucci Ghost eine faszinierende Eigenständigkeit verleiht. Es ist keine plumpe Hommage an das Britische Empire von einem italienischen Luxuslabel, sondern etwas völlig Neues. Der Reiz liegt darin, dass er die perfekte Balance zwischen Härte und Verletzbarkeit schafft. Rough Wear wird bei Michele immer mit Romantik und Verspieltheit kombiniert. Genau so ist London und die heutige Zeit und das macht die Gucci Cruise Kollektion so begehrenswert.
Bilder: Courtesy of Gucci
Die Fotos, typisch vor üppigsten Dekor aufgenommen, lassen wieder hunderte Inspirationen und Details entdecken. Neben den vielen Einzelteilen, die man dekodieren muss und mindestens drei mal hingucken sollte plus Micheles Absicht, dass Mode niemals langweilen darf, geht hier voll auf. Ein Nebeneffekt dieser Bilder, der Kampagnenfotos und der Schauen ist, dass auch der Interieurbereich und die Wohntrends wieder viel mutiger werden. Toile-de-Jouy-Stoffe, Renaissance-Motive und venezianische Farben, Perserteppiche und Tiermotive – selbst da hat er es geschafft, einen neuen Eklektizismus aufzubringen.
Also, Domestos Jeans rausholen, Doc Martens entstauben, Sportsocken in die Loafer oder Brogues und dazu eines der fantasievollen Teile dieser Kollektion. Ich kann nur sagen „It looks amazing, Mister Alessandro Michele!“
vk
14. September 2016 at 15:16jungs, isch kann et schwer in worte fassen, was ich fuern fan von gucci geworden bin. datt alles erregt mich doch schon sehr.
vk
14. September 2016 at 15:18und fuer worte gibbet ja zum glueck auch peter. bravo!
Stefan
14. September 2016 at 16:22Same Same but different.
Mir gefällt’s!
René
14. September 2016 at 16:47Bei einigen Sachen muss man schon lachen! Eine mit Hunden bestickte Lederjacke (?) – really?
Junikäfer
14. September 2016 at 17:16Die erste Gucci-Kollektion, die mir gefällt!
PeterKempe
14. September 2016 at 23:19Danke für dein tolles Kompliment ! Ich erklär das halt so wie ich es empfinde
siegmar
15. September 2016 at 11:22ich bin wieder der Gucci-Fan, toll
Lauter Objekte der Begierde! | Horstson
15. September 2016 at 11:31[…] Beitrag von gestern ist schuld, dass ich mich nochmals mit den Accessoires der Gucci Cruise Collection […]
Stephanberlin
15. September 2016 at 15:02Wenn man über 30 ist, macht man sich allerdings zum Affen.
Für 18-jährige (wie die Models) very charming!
Think about it!
vk
15. September 2016 at 15:23wie immer grossartig., peter.
und michele verfuehrt ja unglaublich zur inneren reflexion. fast fuehl ich mich ueberrollt, ueberrannt, erschlagen. wie alice reingefallen in den kanninchenbau. was fuer ein traum. was fuer ein fest. und es wird immer wilder, immer besser, idiosynchratischer.
vk
18. September 2016 at 15:24nicht alles, was man wunderbar findet, muss man gleich sich selbst zumuten. das ist es ja auch nicht. wobei mir micheles gucci, anders als anfangs vermutet, als ungeheuer offen und inklusiv erscheint. auch wenn man sie auf den bildern nicht sieht, die tommy hilfiger family ist hier schon eingebaut. anders als bei slimane zb kann ich in der gucci range genug dinge finden, die menschen jeden alters, jeden koerpers, und jeden walks of life aufs wunderbarste kleiden. iris apfel all the way. ist doch klar.
PeterKempe
19. September 2016 at 13:38Genau so geht es mir auch: Nimmt man die Einzelteile fällt oft die Alice im Wunderland Attitude weg und auch für Leute über dreißig und nicht Modelfiguren bleibt was übrig.
vk
20. September 2016 at 12:09und…
tadellos!
ttp://www.telegraph.co.uk/fashion/people/vanessa-redgrave-79-is-starring-in-guccis-very-british-cruise-ca/