Damenmode

Fendi Herbst/Winter 2017 – Forties meets Wiener Secession

(Fendi Herbst/Winter 2017; Bild: Courtesy of Fendi)

Die Botschaft ist klar: Schon beim Betreten des Showspace in Mailand, wo das römische Traditionshaus Fendi regelmäßig seine Prêt-à-porter-Kollektion zeigt, fällt auf, dass der Logoprint zurück ist. In großen römischen Ziffern steht das Gründungsjahr angeschlagen und der Laufsteg ist wie ein kostbares Parkett eingelegt, mit den ineinandergreifenden Logos, das Karl Lagerfeld im Jahr 1973 erfand und zum Erkennungszeichen des Hauses und zu dem Logo der Siebziger Jahre machte.

Fendi Herbst/Winter 2017; Bilder: Courtesy of Fendi

Karl Lagerfeld sagt, dass die Inspiration zu seiner Herbst/Winter 2017 Schau „ein weiblicher cineastischer Charakter ist, die über die Straßen von Rom spaziert“. Wobei die Schauspielerin mit Sicherheit eher aus den Vierziger Jahren stammt.
Schon die ersten Looks verrieten die Liebe zu Klassik, zumindest was die Materialien angeht: Taillierte Fischgrät Wollmäntel mit Nerzmanschetten und unterhalb der Wade endende Faltenröcke in leuchtend blauem Satin. Leicht verbreiterte Schultern, Prince-of-Wales-Check-Hosen in Marlene-Optik, dazu Mäntel und Jacken, deren Schnitt große X-Applikationen auf Taillenhöhe betonen, die der Silhouette einen gekonnt modernen, femininen Touch verleihen.

Fendi Herbst/Winter 2017; Bilder: Courtesy of Fendi

Würde man den cineastischen Charakter oberflächlich suchen, landet man zwangsläufig bei dem Film „Der diskrete Charme der Bourgeoisie“ von Louis Bunuel. Die männliche und die elegante Seite der Fendi-Frau ist aber nur eine Oberfläche, die von Karl Lagerfeld sofort mit Bravour gebrochen wird. Zu fast allen Looks werden „Cuissard Overknee Boots“ in leuchtendem, eindeutigen Rot getragen, die eine ganz andere, eher erotische Seite der Frau betonen. Das Key Item der Fendi-Show!
Karl Lagerfelds zweite Inspiration macht eine Zeitreise in eine Kulturepoche, die ihn schon immer interessiert: in die Zeit um 1900 in Wien mit der Revolution der Wiener Secession. Eine Zeit des Umbruchs und der Zweideutigkeit, bei auf der einen Seite die bürgerliche Welt des Reiches der Habsburger steht und auf der anderen Seite eine lüsterne Tendenz, die die Röcke zu langen, an den Knöcheln endenden Bleistiftröcken hochrutschen ließ, damit man die Stiefel sehen konnte.

Fendi Herbst/Winter 2017; Bilder: Courtesy of Fendi

Transparenter Organza und Tüll in Schwarz verleihen züchtigen Kleidern einen gewissen Sex-Appeal. Die strenge Linie und die grafischen Drucke erinnern an Holzschnitttechniken der Secession Künstler Josef Hoffmann, Carl Moll oder Dagobert Peche. Dazu auf Blusen und Kleidern eines der populärsten Motive des Hauses, das Akanthusblatt, das als Blaudruck Karl Lagerfelds Fantasien und die Fendi-Codes verbindet, die immer eng mit ihrer Heimatstadt Rom verwurzelt sind. Die Modernität wird durch die Gegensätze der Materialien und dem Mix aus traditionellen Einflüssen und Ungewohntem erreicht. Strickmuster und Norwegermuster werden auf Organza Tops gestickt und täuschen das Auge. Blusen werden zu Pullovern und Pullover zu Blusen. Kurze und lange Pelzjacken bekommen Holzschnitt-Applikationen, Plissees und transparente Verlängerungen und das Spiel mit dem Sichtbaren und Unsichtbaren dominieren die Kollektion.

Fendi Herbst/Winter 2017; Bilder: Courtesy of Fendi

Nicht umsonst wählte Michel Gaubert als Musik Pino Donaggios Soundtrack zu Brian de Palmas „Der Tod kommt zweimal“ („Body Double“) mit seinen schwellenden Streichersequenzen – Gauberst Ziel war es, die raffinierte Zweideutigkeit der Kollektion zu unterstreichen. Dazu Musik von Italiens Heiligtum Ennio Morricone als Inbegriff für das römische Modehaus. Mehr Italien und mehr Fendi geht nicht!

Fendi Herbst/Winter 2017; Bilder: Courtesy of Fendi

Warme Farben spiegeln den Herbst wider: von Karminrot über Camel, Petrolblau und Kobalt hin zu Kaltweiß oder zartem Pink als Kontrast. Das Fendi-Logo erscheint als Riegel, Applikation, Verschluss und blitzt an den Looks überall auf. Es leitet über zu den Tragriemen der Handtaschen und den Accessoires, die in diversen Materialien von Python, über Pelz bis zu Canvas mit dem Logoklassiker spielen. Bewährte Modelle wie die „Baguette“ und „Peekaboo“ bekommen Fransen, sind aus Patchworksamt oder Nerzstreifen. Die Tasche des Winters, die gleichzeitig ihre Premiere feierte, ist die „Run Away“-Bag. Sie verfügt über feste Griffe, die zum Teil zweifarbig und in vielen Nappavarianten oder auch mit Schlangenapplikationen gefertigt werden. Die „Strap you“-Riemen, werden an die Tasche wie Schmuckstücke „geklippt“ und sind übersät mit bunten „Jewels“ oder kunstvollen Herbstblumen aus Stoff, Seide oder Leder, die von Kunsthandwerkern in mühevollster Kleinarbeit hergestellt werden.

Fendi Herbst/Winter 2017; Bilder: Courtesy of Fendi

Fendi legt bei Prêt-à-porter und auch bei den Accessoires immer mehr das Augenmerk auf die Handarbeit und der Betonung der eigenen Ateliers. Dies gilt nicht nur für die Pelzateliers, sondern auch die Accessoires und die Kleidung entspricht eigentlich mehr und mehr einer Métiers d’Art-Kollektion. Sicher kein Zufall, denn auch bei Chanel grenzt Karl Lagerfeld dadurch die wirkliche Luxuskonfektion der beiden Marken von anderen Designerlabels ab. Die Qualität und das Handwerk bilden die Basis mit ihrer Raffinesse die Kaufentscheidung zu treffen. Der Vorsprung ist schon lange nicht mehr der Trend, denn den gibt es in Hunderten Varianten überall. Vielmehr ist Luxus das, wofür die Handwerker manchmal Hunderte Stunden brauchen und die Zeit und Geschwindigkeit zu einem „No Go“ erklären.

Karl Lagerfeld und Silvia Venturini Fendi; Fendi Herbst/Winter 2017; Bild: Courtesy of Fendi

Bourgeoise Erotik bei Fendi – wir sind gespannt auf die römischen Straßen im nächsten Herbst …

  • vk
    3. März 2017 at 20:48

    toll.
    diese warme, intime farbigkeit, die dieses jahr durch alle (italienischen) kollektionen zieht, mag ich sehr. das ist wie ein still-life close-up ‚in un interno‘. leder. pelz. holz. ein schreibpapier. ein seidentuch.
    grosse klasse.