Was lieben Italiener am meisten außer hervorragendem Essen? Natürlich die große Familie mit der Mama und den vielen Bambini. Genau dieses Thema beherrscht die Lebenseinstellung unserer europäischen Nachbarn seit jeher und Familienclans wie die Medici, Borgia oder Sforza bestimmten die Landesgeschichte, genau wie die Agnellis die Industrie. In der Mode werden Unternehmen von ganzen Clans geleitet mit vielen Schwestern und Brüdern, wie bei Benettons, Ferragamos, Fendis und Guccis. Dass dabei auch mal der ein oder andere erschossen wurde – Schwamm drüber: in nicht jeder Familie scheint jeden Tag die Sonne … “Dolce far niente” – das süße Nichtstun – macht genau das aus, was trotz ständiger Regierungswechsel und der Mafia eine der kreativsten Modenationen der Welt hervorgebracht hat.
Bild: © Dolce&Gabbana
Mailand ist mit den laufenden Männerschauen in Mailand in Höchstform – trotz innerer Wirtschaftskrise. Die Dolce&Gabbana-Familie gibt als Headline das Leitthema der Kollektion vor. Alle Generationen von führenden italienischen Familien waren eingeladen – vom Großvater über die Väter bis zu Kleinkindern – der Dolce-Stil ist halt auf alle übertragbar …
Beim Schlussbild wurde klar der Jahrhundertroman „Il Gattopardo“ von Giuseppe Tomasi de Lampedusa zitiert. Eben dieses Drama war mit Sicherheit auf den Moodboards der Designer zu finden, denn wie einst Claudia Cardinale in Luchino Viscontis opulenter Verfilmung, saßen malerisch hingelagert mehreren Generationen heutiger Familien – natürlich alle in den verschiedensten Dolce-Looks.
Bilder: © Dolce&Gabbana
Domenico Dolce und Stefano Gabbana mögen Theater und Theatralik. Und sie mögen die Farben Schwarz und Rot und schaffen es auch diesmal,eine sehr eigenständige Kollektion zu entwerfen, die sich nicht mehr an grundsätzliche Tendenzen orientiert. Die Herren Dolce und Gabbana haben ihr eigenes Rezept und wissen, wie sie sehr tragbare Klassiker, wie ihre gut geschnittenen Anzüge und Cabans, Blousons und Hosen, einfach durch opulentes und aufwendiges Dekor immer wieder erneuern – für meinen Geschmack allerdings manchmal etwas zu viel, aber immerhin bleiben sie sich aber treu.
Am besten sind die beiden Designer immer dann, wenn sie den Stil der italienischen Nachkriegszeit und des Neorealismus aufgreifen und Filme wie „Bitterer Reis“ grüßen lassen. Solche Elemente gibt es auch in der neuen Kollektion massenhaft – wie zum Beispiel den „guten“ schwarzen Anzug, den man sonntags in die Kirche anzieht und einen Tag später zum Business trägt. Der Blouson der Ragazzi auf ihrer Vespa, wird mit goldenen urbinischen Bienen bestickt und zur schwarzen Hose getragen, oder in der Sportswear-Variante mit vielen Patches versehen. Die Pullover sind zum Teil mit opulenten Goldrahmen-Gemälden bestickt und werden zur lässigen Renaissance-Uniform der Schweizergarden verwandelt. Weglassen und viel drauf geben – das beherrschen Dolce und Gabbana meisterhaft!
Bilder: © Dolce&Gabbana
Das Thema „Familie“ wird durch alle Epochen und Stilistiken interpretiert, so gibt es lässige Sweater mit fast naiv wirkenden Applikationen, wie ein Kind seine Familie malen würde, ebenso, wie Wappen mit Initialen von Adelsfamilien, die nur für den Geschichtskenner Familien erkennen lassen. Opulente traditionelle venezianische Samtdamaste à la Rubelli machen Anzüge zu perfekten Abendoutfits – Smokings und großer Abend – auch eine Spezialität von Dolce&Gabbana.
Bilder: © Dolce&Gabbana
Dolce&Gabbana liefert mit der Fall-Winter Kollektion keine zukunftsweisenden Trends, aber ein sehr schönes Thema, wie ich finde. Und sie liefern eine opulente, in Einzelteilen sehr gelungene Kollektion, die sehr den Stil der beiden Designer verkörpert. Visconti hätte es sicherlich gefallen.
Bild: © Dolce&Gabbana
Wer die Schau komplett sehen möchte – kein Problem:
Dolce&Gabbana Winter 2015/2016 Men’s Fashion Show
Siegmar
20. Januar 2015 at 11:16mir gefällt Dolce & Gabbana immer besser.
PeterKempe
20. Januar 2015 at 19:18@Siegmar Sie sind sehr sie selbst! Das gefällt mir gut!
PRADA Men Winter 2015 – Die bleiernde Zeit der Miuccia Prada | Horstson
21. Januar 2015 at 19:08[…] Jahr steht uns bevor und kaum eine Branche reagiert wie ein Seismograf darauf, wie die Modebranche. Während bei Dolce Opulenz entgegengesetzt wird, Thom Browne bei Moncler eine völlig überdrehte Collage von Patchworks zeigt oder bei […]