Interview

Der Mann hinter dem Design: Peter Schmidt im Gespräch

Seine Kreationen kennt eigentlich jeder, der schon einmal in einer Parfümerie war. Der von ihm entworfene Flacon „Woman Pure“ für Jil Sander stand zeitweise im Museum of Modern Art in New York. Er designte für Davidoff den Flacon von „Cool Water“, für Laura Biagiotti den Flacon für „Roma“ und exklusiv für unsere Duftwoche auf Horstson eine fiktive Kreation: eine Duftkette, deren Parfümkapseln sich in Duft auflösen.
Er ist einer der ganz großen Designer in Deutschland, und doch wird er auf der Straße nicht erkannt. Die Rede ist von Peter Schmidt, den wir zu einem kleinen Gespräch trafen …

Herr Schmidt, wann haben Sie gemerkt, dass Sie in der kreativen Branche gut aufgehoben sind?
Die Erkenntnis kam, als ich realisierte, dass ich in allen anderen Branchen versagen würde.

Wie gestaltete sich Ihr Leben weiter – wann kam der finale Enschluss, ein Studium in Kassel zu beginnen und wie war die Reaktion Ihrer Eltern?
Es gab damals zwei bedeutende Schulen in Deutschland: Kassel und Ulm. In Kassel habe ich die Aufnahmeprüfung bestanden und vorsichtshalber Ulm aus meinen Plänen gestrichen.

Wie kam der Kontakt zu Jil Sander zustande?
Jil Sander hat mich in ihre damals schon sehr schicke Wohnung an der Alster eingeladen. Und gefragt, ob ich für sie ein Logo entwerfen kann.

Was sagt Frau Sander zu ihren ersten Entwürfen bzw. wie gestaltete sich die Arbeit mit ihr?
Damals nahm sie mich in den Arm und konnte sich noch freuen.

Sie haben Flacon-Legenden entworfen – unter ihnen zum Beispiel die Flacons von Cool Water, Boss, Laura Biagotti und Jil Sander – hatten Sie selbst mal überlegt, einen Duft auf den Markt zu bringen?
Nein, das hätten meine Kunden nicht besonders gut gefunden, aber in NY wurde für mich ein Duft entwickelt, der den Namen „Mohrrübe“ hatte. Er duftete nach frisch aus der Erde gezogenen Mohrrüben und war bei meinen Freunden sehr beliebt.

Inwiefern unterstreicht ein Flacon den Duft? Oder würde es auch die Möglichkeit geben, dass zuerst ein Flacon entworfen wird und erst im Anschluss der passende Duft?
Es ist sehr unterschiedlich. Manchmal entsteht der Flacon zuerst und dann der Duft. Oder aber umgekehrt. Am besten ist es natürlich, wenn man mit dem Duftkreateur zusammen arbeiten kann. Was aber in den großen Konzernen heute kaum noch möglich ist.

Gibt es einen Flacon, den Sie gerne entworfen hätten? Sei es, einen von Ihren Kollegen, bzw. ein Flacon, der z.B. aufgrund seiner Materialkosten nie hätte produziert werden können?
Ich hätte natürlich sehr gern für Giorgio Armani Flacons entworfen. Aber ich glaube nicht, dass er weiß, dass in Hamburg ein Flacondesigner lebt.

Wenn Sie heute durch Parfümerien gehen, was empfinden Sie, wenn sie „Ihre“ Flacons dort immer noch stehen sehen?
Manchmal stelle ich sie heimlich ein Regal höher. Traurig bin ich, dass so viele unbeachtet und unbezahlt in den Schubladen meiner Kunden liegen.

Und wie geht es Ihnen, wenn Sie einen Flacon sehen, der Ihrer Meinung nach gar nicht zum Duft passt?
Es ist immer noch besser, wenn der Flacon und der Duft gar nicht zusammen passen. Als ein Duft, der trotz des Flacons keine Überraschung ist.

Sie halten sich sehr im Hintergrund, ganz im Gegensatz zu einigen Ihrer Kunden – Herr Joop ist eine schillernde Gestalt, wird bald Juror bei Germanys Next Topmodel. Produktdesigner sind immer, wenn wir jetzt mal von Herrn Colani absehen, im Hintergrund. Ungerecht?
Nein – ungerecht ist das nicht. Aber es ist schon sehr bemerkenswert, dass Flacondesign in Frankreich immerhin zu Kulturgut erklärt wird und hier in Deutschland wenig Beachtung findet.

Welchen Duft nutzen Sie privat?
Ich probiere ständig neue Düfte aus.

Gibt es einen Entwurf von Ihnen, der niemals in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, es aber einfach verdient hätte, aus seinem Schattendasein herauszutreten? Sie hätten jetzt die Möglichkeit …
Viele der Schubladen-Designs haben dieses Schattendasein eben nicht verdient. Eigentlich mag ich aber doch lieber neue Entwürfe.

Herr Schmidt, wir danken fürs Interview!

Wer noch mehr über Peter Schmidt erfahren möchte, DW TV widmete dem Designer ein interessantes Portrait, welches man bei YT anschauen kann.

  • Kat
    25. Oktober 2013 at 19:36

    Danke

  • monsieur_didier
    26. Oktober 2013 at 09:39

    …oh, dieser Mann ist und war und ist fantastisch…

    …seine Aussage: “ Damals nahm sie mich in den Arm und konnte sich noch freuen…“ läßt tief blicken und hat eine besondere Bedeutung bei den aktuellen Ereignissen…

    seine Arbeit schätze ich seit den 80ern, was für die Inhalte leider nicht immer zutrifft, aber das ist ja nicht seine Arbeit…

    „Mohrrübe“ würde ich gerne mal riechen…

  • Daisydora
    26. Oktober 2013 at 11:08

    Ich freue mich auch immer, wenn ich durch Berichte und Interviews wieder daran erinnert werde, dass hier einer der sympathischen Könner spricht … sehr schön! 🙂

  • peter
    26. Oktober 2013 at 11:24

    „Mohrrübe“ find ich auch sensationell… tolles und sympathisches Interview!!

  • Die Woche auf Horstson | Horstson
    27. Oktober 2013 at 11:50

    […] “Miss Dior” vor. 2) Der Designer Peter Schmidt gab uns ein kleines Interview: Der Mann hinter dem Design! 3) Frank J. Schnitzler hat in der Duft-Branche Maßstäbe gesetzt und gilt als der Experte […]

  • Siegmar
    28. Oktober 2013 at 10:53

    Ich kann Peter und Monsieur nur zustimmen, an dem “ Mohrrübe “ würde ich zu gerne mal riechen. Die Jil Sander Flakons zeigen wahres „Können „. Die habe ich sogar stehen lassen, nachdem sie leer waren.
    Toller Bericht und Interview

  • bernd
    1. November 2013 at 22:54

    Seine alten Flakons für Jil Sander sind der Knaller.
    Was meint er mit „…und konnte sich noch freuen.“?
    ist das eine Kritik an Frau Sander?

    Schade nur, dass jemand, der gestalterisch so weit vorne
    liegt, Zähne hat, die aussehen, wie Kühlschranktüren.
    Das müsste er noch mal überdenken. Oder sich beim Lächeln
    einen Flakon vor den Mund halten.

    Ansonsten, ein tolles Interview!

    🙂

  • Helvetica, The Perfume: The Scent of Nothing | Horstson
    23. November 2013 at 17:56

    […] benutzt man den Duft später auch. Manchmal findet man auch nur einen Flacon chic, weil er zum Beispiel von einem bestimmten Designer entworfen wurde. Die amerikanische Design-Agentur ‘Guts & Glory’ geht einen anderen Weg: Der Duft […]