Interieur

Der letzte Kaiser – Alberto Pinto gestorben


Foto: Vanessa von Zitzewitz

Wenn ich an Alberto Pinto denke, einen der größten Innenarchitekten des zwanzigsten Jahrhunderts, fällt mir immer sofort das Buch „Die Welt von Gestern“ von Stefan Zweig ein.
Er ist das Pendant zu Yves Saint Laurent in der Mode – seine Büros und sein Studio im Hotel Victoire in der Rue d’Aboukir gleicht einer Hofhaltung. Im Innenhof eine Küche und ein Speisesaal mit eigenem Koch, der jeden Mittag auf verschiedenem Porzellan das Essen für den Meister und seine Entourage serviert. Der Hof ist stets anders dekoriert und gleicht der Hoftafel von Trianon.

Bilder: Alberto Pinto

Weltweit die meisten und prestigeträchtigsten Projekte werden von seinen 90 Mitarbeitern unter der Ägide von ihm und seiner Schwester gestaltet. Ob große Palais, wie das Hotel Lambert, oder das Palais Kinsky in Paris oder Häuser auf Mykonos oder New York – keiner beherrscht Opulenz und verschwenderische Pracht so wie er.
Besonders liebt er die Tafelkultur und ist deswegen auch eines meiner großen Vorbilder. Er kreiert für fast jedes Projekt eigenes Porzellan oder arbeitet mit den bedeutenden Porzellan-Manufakturen zusammen. Er beherrscht noch einen Stil, der von Stolz und Pracht kündet und auch seine modernen Apartments und Häuser haben etwas von verschwenderischem Glanz.

Hotel Particulier Paris; Bilder: Alberto Pinto

Am letzten Sonntag, am 5.November, starb er 69 jährig in Paris und wird am 9.November auf dem Friedhof Montparnasse beigesetzt. Ähnlich wie Saint Laurent hat Alberto Pinto seine Wurzeln und seine Denke noch aus einer Proustschen Üppigkeit bezogen und seine Auftraggeber und sich selbst zum Träumen gebracht. Seinen Mitarbeitern hat er glücklicherweise viele der Handwerkstechniken und seiner einmaligen Art der Konzeption weitergegeben, so dass man hoffen darf, dass sein Werk in seinem Sinne fortgesetzt wird. Pinto war stilsicher wie viele der großen Einrichter seiner Generation, hat aber im Gegensatz zu Francois Catroux oder anderen niemals modisch oder avantgardistisch sein wollen.
1943 in Casablanca geboren fühlt er sich schon früh zu schönen Dingen hingezogen, studiert in Paris an der Ecole du Louvre und geht Anfang der sechziger Jahre nach New York. wo er für Condé Nast Wohnreportagen macht. So kommt er in die schönsten Apartments und Häuser und dringt immer mehr in die Verfeinerung seines Geschmackes ein.
Er begegnet Rosemarie Kanzler und sein erstes Projekt wird eine Villa in Saint-Jean-Cap-Ferrat in Südfrankreich. 1971 eröffnet er sein erstes Studio in Paris, aus dem heraus schließlich ein immer erfolgreicheres Unternehmen ensteht. Stil und vor allem erlesene Materialien, Antiquitäten kombiniert mit Eigenkreationen und manufakturelle Anfertigung, sind für ihn seine Arbeitsmittel. Er kooperiert mit den besten Experten auf ihren Gebieten wie Mathieu für Lüster und Bronzen, Cogolin und Tai Ping bei Teppichen und Limoges bei Porzellan.
Mittlerweile sind viele seiner Designs Klassiker und werden auch über sein Haus in Paris vertrieben. Seine Wohn- und Tafeldekorations-Bücher sind Kult und Must haves für alle Stilisten der Welt.
Mit Alberto Pinto stirbt ein wahres Genie unsere Branche und ein Repräsentant einer Zeit und Maßstabes, als alle, die mit Aestethik zu tun hatten immer den nächsten Millimeter an der Perfektion suchten. Seine Schwester, kongeniale Mitarbeiterin seit Jahren, wird sein Werk fortsetzen.
Alberto Pinto war der letzte Kaiser einer Welt, die Sehnsucht nach Stil hat, von der die Menschen nicht mal zu träumen wagen. Au Revoir Maître Pinto.

  • Siegmar
    9. November 2012 at 10:04

    mir schon fast zu opulent, obwohl ich mich mit dem Lesezimmer sehr anfreunden könnte. Es gibt leider kaum noch Wohnungen wo man sich so gewaltig einrichten kann, vor ein paar Monaten habe ich eine 400 m² ( Gründerzeit ) Wohnung am Ku-Damm gesehen, da war ich schon sehr beeindruckt.

  • Volker
    10. November 2012 at 10:53

    Opulent beschreibt es sehr gut, ins Hotel passt es ganz fabelhaft.
    Schön zu lesen das er sich nicht jedem Trend beugte. Ins Hotel Particulier passte dieser Stil, ins eigene Haus nicht. Danke für die schöne Erinnerung an einen Architekten.

  • Horstson » Blog Archiv » Die Woche auf Horstson
    11. November 2012 at 17:25

    […] 1) Vor wenigen Tagen ist der Inneneinrichter Alberto Pinto in Paris verstorben. Einen klitzekleinen Einblick in das Schaffen von Pinto zeigte uns Peter am Freitag. 2) Mit bunten Grausamkeiten für Geschmacksverirrte in Form von Klamotten aus der Jeremy Scott […]