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Das große Handtaschenfieber … heute am Beispiel von Louis Vuitton

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Bild: Louis Vuitton

Wer 2006 so schlau war, 100 Aktien des Sattlers Hermès für rund 7.000 € zu kaufen, konnte sich nur sechs Jahre später, im Jahr 2012 über einen Wert der Aktien in Höhe von rund 23.600 € freuen … die Gewinnzahlen des Jahres 2013 hat Hermès nicht bekannt gegeben, aber man kann getrost davon ausgehen, dass der Gewinn nicht unter sondern über den 740 Millionen Euro lag, den man 2012 mit einem Umsatz von 3,8 Milliarden Euro (der Gewinn wurde innerhalb des benannten Zeitraums der Aktienwertsteigerung verdoppelt) erzielte. Naturgemäß kann man das französische Traditionshaus* nicht darauf reduzieren, aber im Grunde ist der Erfolg auch immer zu einem Gutteil den legendären Handtaschen Kelly-Bag, Birkin-Bag und so weiter zuzuschreiben … Handtaschen regieren die Zahlen der Modewelt, ganz besonders die der High-Fashion …
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Bild: Louis Vuitton

Darum war ich nicht weiter verwundert, als ich kurz nach dem Défilé den Artikel „Der Krieg der Handtaschen“ von Jina Khayyer auf ZEIT-ONLINE las. Darin fragte die Autorin sozusagen stellvertretend für den Markt rhetorisch „Verkauft diese Mode genug Taschen?“ Und ich fragte in meinem Kollektionsbericht gleich weiter „wo ist das Feuerwerk der To-Die-For-Handtaschen, Monsieur?“
Mal waren es an die vierzig Handtaschen, die Marc Jacobs mit seiner Kollektion für Louis Vuitton zeigte (zum Beispiel mit der Kollektion Automne-Hiver 2013-14) … dann wieder nur gut die Hälfte davon – zum Beispiel mit der aktuellen Showgirl Kollektion. Aber immer waren die Taschen luxuriös und präsent.

Wie hier schon so oft gesagt, die Zahl der jeweiligen Accessoires, die man benötigt, um gewonnenen Märkte abzusichern und Marktanteile auszubauen, wird nicht vom Creative Director gewürfelt, sondern von Marketing und Vertrieb mittels Forecast geplant. Ghesquières Debutkollektion bringt es, die Farbvariationen nicht mit eingerechnet, auf gut sechs Handtaschenmodelle, allen voran die Petite Malle und sein Balenciaga-Klassiker, eine Bowlingbag … Da muss ich nicht weiter fragen: ganz klar wird da im Team noch der eine oder andere Klassiker weitergeführt und möglicherweise werden neue Handtaschen zur Kollektion dazu entworfen. Auch wenn Neo-VOGUE-Superwoman Suzy Menkes beim Anblick sprichwörtlich im Dreieck gehüpft sein soll und fast ausnahmslos alle Postillen und Blogs es ihr gleich taten, mit der Petite Malle und den paar Basics, die Ghesquière zeigte, kann der Marktanteil gewiss nicht gehalten und schon gar nicht ausgebaut werden.
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Bild: Louis Vuitton

Überdies trifft nicht zu, was ich irgendwo gelesen hatte: dass die neue Handtaschenlinie by Ghesquière auch den Vorteil hat, dass mit mehr Leder und weniger Canvas das größte Problem Louis Vuittons, die millionenfachen Kopien, bekämpft werden wird … viel Ankündigungsmanagement … aber bisher noch wenig Überzeugung durch Produkte, die Zahlen und Fakten schaffen können.

Aber darum muss man sich auch nicht wirklich Sorgen machen. Dafür gibt es bei LVMH und Louis Vuitton sicher Personal, dass sich geradezu wissenschaftlich motiviert daranmachen wird, den Impressionen von einer Handtaschenkollektion noch Taten folgen zu lassen. Was Frauen ganz sicher gerne kaufen, seht ihr auf den Kampagnenbildern. Nicht umsonst hat man weder Kosten noch Mühen gescheut, generationsübergreifend und mit echten Stars für die tollen Teile zu werben.
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Bild: Louis Vuitton

„Plötzlich vulgär und passe“, damit beschreibt Jina Khayyer das Louis Vuitton Dilemma. Und Celine sei der Sieger. Zwar führe ich die gedämpfte Euphorie nicht auf den Hype zurück, den seit gut drei Jahren einige Taschenmodelle von Celine auslösten. Die sind eben groß, schön und praktisch und es gibt immer auch Modelle, die sich mehr Frauen leisten können, aber auch wieder nur wenige. Das Problem bei Louis Vuitton sind die Plagiate und das für mich ewige alte Canvas in Braun.

Wenn man manchen Artikel so liest, könnte man meinen, ein erheblicher Teil der weiblichen Bevölkerung der westlich geprägten Hemisphäre kauft Luxustaschen. Das ist natürlich Humbug. Die aktuellen Zahlen, die Celine mit Taschen erzielt, kenne ich nicht. Aber im Vergleich mit LV ist Celine ein solide heranwachsender Gartenzwerg neben dem Riesen.
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Bild: Louis Vuitton

Die noch wartende Aufgabe für Ghesquière und das Team lautet: abseits der „Spielereien“, die man im Défilé gezeigt hat, Handtaschenlinien für die Marktsegmente zu schaffen, denen sich Verbraucher mit ihren Motiven zuordnen können, und die in vielen Segmenten ihren Platz finden. Fendi hat sich auch nicht auf dem „Accessoire-Welterfolg“ der Baguettes und Superluxustaschen ausgeruht, die keine „normale“ Frau kannte. Mit der 2Jours und der 3Jours hat man aber zum Beispiel Taschen geschaffen, die auch modernen VerbraucherInnen entgegen kommen. Und ganz sicher könnte das gute Gespür, das Phoebe Philo bei Celine dafür nutzte, das alte Haus wieder sexy zu machen, auch mit Alltagshandtaschen, in denen ein halber Hausstand Platz findet, Monsieur Ghesquière dabei nutzen.

Bonne Chance – Louis Vuitton!

Seit dem 1. Februar ist Thiery-Hermès Ururenkel *Axel Dumas Chef bei Hermès

  • Siegmar
    18. März 2014 at 12:08

    in der U2 saß mir vor kurzem ein Mann gegenüber mit einer schwarzen Birkin-Bag, er war geschätzte 50 Jahre und sah einfach klasse aus und die Tasche wirkte an ihm als Mann so selbstverständlich. Die LV Taschen sind alle schön, leider bekommt auch die in kürzester Zeit gefakt zu kaufen.

  • Horst
    18. März 2014 at 12:39

    war bei Marc Jacobs nicht auch die erste Kollektion für LV Handtaschen-frei?
    Wie auch immer, guter Artikel!

  • Daisydora
    18. März 2014 at 12:48

    @Siegmar

    Toll, habe ich lange nicht an einem Mann gesehen … auch die Handtasche muss eben zum Typ passen und will präsentiert werden.

    Ich finde schon, dass man sich besser dagegen rüsten könnte. Bin gespannt, wie das mit Kim Allens Blauen läuft … und die Farben zu wechseln, wäre schon mal der richtige Ansatz, so schön ist das Braun ohnehin nicht, oder? 😉

    @Horst

    Kann gut sein, ich kann mich ehrlich gesagt nicht mehr erinnern, obwohl ich noch einen langen Rock aus der Kollektion besitze …

    Merci! 🙂

  • Jan
    19. März 2014 at 00:04

    Aber Marc Jacobs seine erste Show für LV war doch komplett ohne Taschen, oder?