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Das Drama um die erste Reihe hat begonnen…

…denn ab dem heutigen Tag kann sich der geneigte Journalist, Einkäufer, Stylist oder Blogger auf der Mercedes Benz Fashion Week Seite akkredetieren. Nun hält sich die Begeisterung darüber bei vielen Journalisten in Grenzen, denn das modische Epizentrum ist Berlin seit ein paar Jahrzehnten schon nicht mehr und Partys mit GSZS Schauspielern sind zwar feucht, aber in den seltensten Fällen fröhlich.

Aber eine ganz andere Gruppe Mensch wittert wieder seine große Chance, um peu à peu Anna Wintour und Suzy Menkes den Rang abzulaufen: Die Modeblogger. Es werden ganze Heerscharen von selbsternannten CEO’s und Founders ihres Blogspot-Blogs nach Berlin reisen, um für sich den Anspruch eines Platzes in der ersten Reihe durchzusetzen – in den meisten Fällen durch Penetranz, manchmal mit einer divenhaften Attitude und leider nur in den seltensten Fällen mit einer fachlichen Kompetenz. Das sich der Blog in den letzten Monaten doch eher hauptsächlich um den Blogger drehte, der sich in akrobatischen Posen in zum Teil gruseligen H&M Outfits mit Selbstauslöser im heimischen Garten ablichtete und weniger um Mode, spielt dann im Grunde auch keine Rolle – denn HEY! – der Blog hat ein paar tausend, mühevoll durch gegenseitiges Verfolgen eingesammelte Google Friend Connect „Leser“.

Das es bei einer Modemessen am Ende um die Akquisition von Outlets von Geschäftspartnern geht, an die die Designer ihre Kollektionen national und international verkaufen können und aus dem Grund dem Fachpublikum vorbehalten sind, bzw. um die Fachpresse, die diesen Prozess mit attraktiven und aussagekräftigen Veröffentlichungen unterstützt, wird im Drama um die erste Reihe manchmal übersehen und zum Teil – und diese Bemerkung sei mir erlaubt – wirkt es eher so, als sei das primäre Ziel, sich vor oder im Zelt den staunenden Touristen, Fotografen und Bloggerkollegen in Position zu schmeissen.
Nun habe ich wirklich nichts gegen Blogger ansich – das wär ja auch etwas verwirrend, schließlich schreibe ich mit den anderen Horstson Autoren auch einen, aber ich habe was gegen Selbstdarsteller, die es durch ihr Verhalten Jahr für Jahr schaffen das Image der bloggenden Zunft nachhaltig zu beschädigen und sich anmaßen, schon im Vorfeld einer Schau über die Entwürfe oder über den Designer herzuziehen oder später in ihrem Jugendzimmer in Birke-Furnier folgendes (etwas verkürztes) Resumee zu ziehen: Ich mag die Kleider nicht und in meinem Goodie Bag war ein Parfum.
In diesem Sinne: Happy Fashion-Week!

Den Titel „Das Drama um die erste Reihe“ habe ich einer lieben Bloggerkollegin geklaut – so soll nämlich ihr erstes Buch über die Erfahrungen in 6 Jahren Fashion Week in Berlin lauten.

Bild via Fashionista //WWD

  • Monsieur_Didier
    4. Juni 2012 at 14:25

    …entschuligung, aber einer Suzy Menkes den Rang abzulaufen, das möcht‘ ich gern erleben, das dürfte schwer bis unmöglich sein…
    aber kleine Mädchen dürfen träumen *…träller…*

  • olschok
    4. Juni 2012 at 14:36

    Immer diese Blogger….unglaublich! 😉

  • Alexandra
    4. Juni 2012 at 14:40

    So treffend, dass es schon fast weh tut!

  • Martin
    4. Juni 2012 at 14:41

    Lieber Horst!
    Ein Kuss plus Freiwunsch für diesen genialen Artikel! Hochachtungsvoll: Martin 🙂 Meine Lieblingsstelle:
    Partys mit GSZS Schauspielern und sind zwar feucht aber in den seltensten Fällen fröhlich.

    look-scout.blogspot.com/

  • M.
    4. Juni 2012 at 14:44

    DANKE DANKE DANKE!

  • Monsieur_Didier
    4. Juni 2012 at 14:47

    …ich bin verzweifelt, ich mag mir so gar keine feute Party mit GZSZ – Stars vorstellen…
    dazu fehlt mir einfach das Vorstellungsvermögen…
    „trotzdem“ hab ich jetzt ganz fiese BILDER vor meinem inneren Auge *…würg…*

  • AnnaBu
    4. Juni 2012 at 14:56

    wunderbar <3

  • blomquist
    4. Juni 2012 at 15:06

    Mir wird bereits jetzt schlecht wenn ich an bestimmte Leute denke die sich im Zelt wieder aufführen als wären sie der Mittelpunkt der Modewoche…

  • Katja
    4. Juni 2012 at 15:51

    Leider sehr treffend. Die IMG kennt sich nicht aus und akkredetiert eigentlich jeden Blogger & macht die Fashionweek zu einer Lachnummer

  • anne
    4. Juni 2012 at 15:58

    haha erfrischend! jaja, wie trefflich- auch wenn ich eine bloggerin bin zähle ich mich nicht zu dieser übertriebenen spezie, doch davon gibt es genug und es nimmt selbst mir, als „Laien“ die Freude auf Berlin..

  • mr right
    4. Juni 2012 at 16:11

    mir wird schlecht bei dem Anblick trutschiger Tantchen mit ihrer chanel clutch Aperol Spritz saufend. Vorzugsweise aus München und Hamburg. Keine Mode Bloggerin, nein schlimmer „Redakteurin“.

  • Mangoblüte
    4. Juni 2012 at 16:21

    amen.

  • Monsieur_Didier
    4. Juni 2012 at 16:40

    @ Mr. Right: …ja, kann ich nachvollziehen, aber auch in Berlin hat die Unart des Aperol Spritz trinkens um sich gegriffen…
    das ist schon eine ziemlich spezielle Klientel, die dieser Begriff aber wunderbar zusammenfasst…!!!
    *…wunderbar…*

  • Modemädchen
    4. Juni 2012 at 16:48

    klar einerseits nerven die Blogger, die sich wie das nächste It-Girl fühlen nur weil sie einmal auf den roten Teppich dürfen.
    Andererseits bringen die wieder neuen Wind in die Modeszene und vorallem in den Modejournalismus. Für mich sind die meisten Modezeitungen. Die sind eher Werbekataloge als alles andere, mit Sachen die sich eh nur 10 Prozent der Weltbevölkerung leisten kann, wenn überhaupt und mit Outfits die weder alltagstauglich sind, noch Identifikationspotential bieten…

  • Nicole
    4. Juni 2012 at 16:53

    nicht zu vergessen, die Blogger, die die Show gar nicht erwähnen, sondern nur ein Bild von sich selbst in der ersten Reihe (in der sie später selbstverständlich nicht sitzen dürfen) posten. Genauso nervig und unpassend sind allerdings Outfitbilder von Chefredaktuerinnen, die dann ebenfalls kein Wort über die gezeigte Mode verlieren.

  • Mia
    4. Juni 2012 at 17:22

    Ich find den Beitrag von Modemädchen gut.
    Es gibt eben die eine und die andere Modewelt.
    Sich einmal im hochpreisigen Segment umzusehen ist eine schöne Sache, aber leisten könnt ich mir da nun auch nichts.

    Ich werde auf der Bread and Butter umhertingeln, ein wenig träumen, viel knipsen, mich mit Wissen und Trends bereichern, hoffentlich nette Menschen kennenlernen und dann erfüllt daheim darüber schreiben.

    Schade ich damit tatsächlich jemandem?

  • blomquist
    4. Juni 2012 at 17:43

    @ Modemädchen: Entschuldige, aber wodurch bringen schulschwänzende Teenager und andere Blogger die nichts im Hirn zu haben scheinen ausser sich selbst zu promoten und die sich für den Nabel der Modewelt halten frischen Wind in die „Modeszene“?

  • blomquist
    4. Juni 2012 at 17:45

    @ Mia: Nein, damit schadest Du sicher niemandem.

  • Sue
    4. Juni 2012 at 17:53

    „Wie war die Kollektion?“ „Schön, viel Blau wurde gezeigt“ 😉

    wahre Worte (auch wenn ich heute ein Outfit von mir gepostet habe – allerdings unabhängig von Fashion Week & Co.) 😉

  • Antonia-Ivana
    4. Juni 2012 at 19:58

    Hahaha, ich finde den Text genial geschrieben und er bringt es auf den Punkt.

  • PeterKempe
    4. Juni 2012 at 21:23

    Ob die meisten bloggerinnen uberhaupt die Zusammenhänge der modewelt kennen bezweifle ich.es reicht glaub ich nicht wenn man gern Klamotten kaufen geht und sich für massen Klamotten interessiert als Instanz anerkannt zu werden.ich find den Artikel Super und würd mir mehr qualitatvolle Blogger wünschen.vielleicht ist das ähnlich wie beim Print und das System muss mal wiieder zum Ausgang zurückkehren.was mich nervt ist das Berlin sich al Mode Mittelpunkt sieht….das halte ich für sehr übertrieben.bescheidenheit wurde hier sehr viel sympathischer wirken.die deutschen können nicht in allen Sachen Weltmeister sein find ich.

  • Ein Blogger
    4. Juni 2012 at 23:12

    Ihr sprecht mir aus der Seele und ich hoffe das IMG den Artikel liest und an alle Agenturen schickt!

  • Monsieur_Didier
    4. Juni 2012 at 23:54

    …danke Peter…
    sehr schön zusammengefasst…
    mich als Berliner nervt dieser Berlin-Hype sehr und ich frag mich, warum es diesen Hype überhaupt gibt…
    Berlin ist eine tolle Stadt, aber das ganze Gewese um die Stadt und das es hier ach so toll und innovativ ist halte ich für gnadenlos übertrieben…

    …des weiteren sprichst Du mir aus der Seele mit deiner Anmerkung wegen der Zusammenhänge…
    Mode ist eben einfach mal mehr als in irgendeinen Laden zu gehen und sich anzuschauen, was es da so gibt…
    und ob die meisten Bloggerinnen und Blogger sich vorstellen können, warum sie mit Einladungen und Gutscheinen und Präsenttäschchen bedacht werden?
    15 Minutes Fame sind leider nicht geeignet, um sich einen eigenen Überblick zu verschaffen und eine fundierte Meinung abgeben zu können…
    dazu gehört ein bisschen mehr und Kenntnisse über Material, Schnitte und historische Zusammenhänge haben noch niemand geschadet…
    es geht eben nicht darum, die eigene Grinsemaske in jede Kamera zu halten und busy busy zu tun…
    das Bloggen KANN ein Anfang sein für MEHR, aber eben KANN, nicht automatisch IST…

    …ich möchte Blogs keineswegs per se verdammen, aber mit einem bisschen Hintergrundwissen kann man ruck – zuck die Spreu vom Weizen trennen…
    und trotzdem Spaß beim lesen und schreiben der Kommentare haben…
    in diesem Sinne bin ich gerne täglich hier…!!!

  • Dani
    5. Juni 2012 at 00:41

    Ja, ist viel wahres dran, aber das Berlin sich selbst als Modemetropole betrachtet, dieses Gefühl hatte ich bisher nicht. Ganz im Gegenteil: Berlin ist sehr bewusst, dass sie mit einer Pariser oder Mailänder FW nicht mithalten können und versucht seine Nische zu finden, bspw. über grüne, nachhaltige Mode. Ach, ich freue mich schon sehr!

  • schnellie
    5. Juni 2012 at 03:15

    Du triffst mal wieder den Nagel auf den Kopf. Sowas liest man leider viel zu selten.

  • Nadine
    5. Juni 2012 at 17:19

    Wenn dieses Buch erscheint muss du mir unbedingt bescheid geben. Du bringst es wieder mal auf den Punkt.

  • Betty Boop
    5. Juni 2012 at 19:58

    @ Nicole: „Genauso nervig und unpassend sind allerdings Outfitbilder von Chefredaktuerinnen, die dann ebenfalls kein Wort über die gezeigte Mode verlieren.“

    Wieso erwartest Du, daß die Chefredaktion über die Mode berichtet? Mal davon abgesehen, daß es einige tun. Aber dafür gibt es die Moderedakteure, die die gezeigte Mode in Wort und Bild in den Magazinen etc präsentieren.

  • Huong
    5. Juni 2012 at 23:23

    sehr sehr gut getroffen!

  • Amandine
    6. Juni 2012 at 14:36

    top artikel

    man traut sich auch gar nicht mehr am zelt zu gehen.