Allgemein

Colorblocking Memories…

Es war einmal, vor sehr, sehr langer Zeit, da wussten Frauen und Männer nicht, dass sie Colorblockings tragen, wenn sie Klamotten in mehreren kräftigen Farben gleichzeitig anhatten. Es gab zum Glück noch kein Wort für dieses paradiesvogelbunte Styling, nur Inspirations- oder Bezugsquellen wie den Meisterdesigner Yves Saint Laurent und ein paar Kollegen. Davon hat uns Peter ja schon viel Interessantes berichtet. Wenn ich mich heute in einem meiner Aufzüge von damals vor meinem geistigen Auge aufmarschieren lasse, dann muss ich schmunzeln. Bei Fuchsia, Tomatenrot und Orange in einem Outfit – dazu immer diese affenartig sündteuren blickdichten Strümpfe in Rot… so würde ich heute auch dann nicht mehr rumlaufen, wenn Tom Ford der Designer der knalligen Klamotten wäre.

Aber den Anstoß zu der Erinnerung an knallbunte Aufzüge von Daisy… auf die Idee zu diesem halben Outing-Bericht – hat mich eine Leserin gebracht, die darüber verärgert war, dass ein Horstsonian, der vom Fach ist und eben ich, uns erlaubt hatten, über das etwas unsichere Styling einer Bloggerin in den Kommentaren zu einem Bericht herum zu flachsen. Ihr ging es glaube ich darum, dass ich mich der potentiellen Kritik anderer Blogger und Leser dadurch entziehen würde, mich nicht in meinen Klamotten auf Horstson zu zeigen; wie dies auf Styleblogs und Modeblogs mit wenigen Ausnahmen regelmäßig stattfindet. Und da läuft sie bei mir irgendwie offen Türen ein, weil ich darüber wie folgt denke:
Es braucht bei den meisten von uns lange, bis uns der mit uns zu entspannter Eleganz herangereifte Geschmack nach und nach sicherer zu den Klamotten greifen lässt, die uns schöner machen. Und zwar deshalb, weil sie unseren Typ hervorheben, ihn originell konterkarieren oder uns einfach nur gut aussehen lassen. Ohne, dass die Kleidung an Stelle unserer Persönlichkeit im Fokus steht. Und ihr ahnt es schon, manche von uns kommen nie an den Punkt, an dem sie einen sicheren Blick für den treffsicheren Look zum eigenen Aussehen und dem Anlass, entwickeln. Es wird im Kleiderschrank herumgestochert und etwas ausgesucht, das für andere mitunter unverständlich ist. So weit wäre das aber immer noch vollkommen in Ordnung, weil ich niemand kenne, der auf der Straße, im Büro oder Restaurant auf andere zustürzt, um ihnen mitzuteilen, dass sie bei der Kleiderwahl danebengegriffen haben. Man lässt andere gefälligst so, wie sie sind, wenn man gute Manieren hat.

Verschlimmert wird die Konfusion ganz normaler Mädchen aus meiner Sicht dadurch, dass ModebloggerInnen, die selbst ganz dringend einen Stylist bräuchten, um das bis dahin leere Versprechen ihrer Expertise einzulösen, sich als gutes und nachahmenswertes Beispiel in ihren Klamotten fotografieren. Die dabei herauskommenden, junge Leserinnen inspirierenden Momentaufnahmen der Unsicherheit, führen bestimmt zu allem, nur nicht dazu, dass Modeblogleserinnen lernen, sich unabhängig von der Höhe des aktuellen Budgets besser anzuziehen. Selbst das regt mich als Schreiberin bei einem Männermodeblog nicht auf. Man kennt die damit gemeinten Mädels ja, die ansonsten ihren Liebsten damit auf den Keks gehen, die Wohnung schnell noch mal Girlie-like durch zu dekorieren, weil er das ja bekanntlich nicht kann… und so tragikomisch sehen sie dann für mich inmitten ihrer Deko-Kissenberge in ihren Outfits aus.

Alle in ähnlichen Klamotten, die gefühlt um zehn Jahre älter machen. Irgendwie nach Höhere Tochter und Wohlstand wirken sollen. Auf jeden Fall mit hohem Vintage-Faktor und für mich schlicht und einfach unfrisch und spießig. Und weil es von dieser Sorte Modeikonen auf Modeblogs anscheinend irgendwo ein größeres Nest geben dürfte, so inflationär wie deren Outfit-Bilddokumente im Netz herumfliegen, darf man nur über diese Kolleginnen auch ab und zu etwas sagen und schreiben. Das fällt für mich unter den visuellen Jugendschutz.
Wir fassen also kurz zusammen: Zieht euch bitte alle an, wie ihr wollt. Ich drehe mich nie nach Menschen um, die im Schrank danebengegriffen haben…würde im wirklichen Leben niemand damit belästigen, den Look zu kritisieren oder auch nur zu thematisieren – mache aber Männern und Frauen ständig überschwängliche Komplimente…. weil das die gute Laune noch mal hebt. So bald ihr, liebe BloggerInnen, aber nur so tut, als könnten sich junge und oder unsichere Frauen euch zum Beispiel nehmen, darf man auch darüber berichten.

Ich hatte es, ohne das schon auf der Höhe der Zeit kapiert zu haben, ganz gut, weil meine Mutter einen sicheren und richtig guten Geschmack hat. Trotzdem brachte ich eine mehrjährige Phase der Auflehnung mit vielen seltsamen Looks hinter mich, bis mir alles Modische und meine Möglichkeiten halbwegs klar waren. Ehrlich gesagt bin ich heilfroh, dass ich mich nicht bis zum Jüngsten Gericht in meinen konsequenten Colorblockings oder einer weißen Issey Miyake Pleats Please Kluft von damals im Internet wiederfinde….
Die Kleidchen und der Mantel, die hier als Bilder rumfliegen, finde ich für offiziellere Anlässe zum Thema Kunst ganz gut geeignet. Damit es nicht heißt, ich nehme ja doch nur den Mund gerne voll mit Worten. Unter sehr kurz geratenen Kleidern würde ich immer eine ganz schmale Hose tragen. Niemals im Leben würde ich Wedges, Flipflops oder Plateauschuhe tragen, die finde ich selbst von Christian Louboutin hässlich und ich bin ja ohnehin schon barfuß gut eins achtzig. Und über einem Kleid trage ich bis zu fünfundzwanzig Grad im Schatten bei solchen Anlässen immer einen leichten und gut geschnittenen Mantel…… So, nun habt ihr was, das ihr kritisch betrachten könnt.

Modelle von Jil Sander Navy, Yves Saint Laurent, RM by Roland Mouret, Rick Owens, Philipp Lim, Lanvin, Michael by Michael Kors, See by Chloe, Emilio Pucci zu Preisen ab 200 Euro.

  • mike geary
    6. Juni 2011 at 08:15

    So sehe ich das auch – 2 Farben die miteinander harmonieren aber doch gegensätzlich sind und fertig

  • Daisydora
    6. Juni 2011 at 09:06

    @Chris

    Heute ist Walter van Beirendonck Day auf horstson …… 🙂

    Ich habe auch nichts gegen Colorblocking, nur ich habe diese Erfahrung schon hinter mir…..