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Advertising Space? X Modebloggen 2.(0) Wahl und fremde Federn?

Eigentlich wollte die fröhlich unbekümmerte Daisydora im Gespräch mit führenden Anthropologen und Philosophen sowie Experten für Geltungsdrang und Weltberühmtheit bei Scobel auf 3Sat klären lassen, was genau los war in der von Jessica Weiss unter dem Titel Modebloggen 2.0 Wohin geht’s? am 25. Oktober angekündigten Woche der Gastblogger. Als mir dann auffiel, dass ich ja doch nur die Bloggerazubine Daisy in der Probezeit bin und mein Lieblingsmoderator und Vordenker Gert Scobel schon bis Ende 2011 ausgebucht ist, musste ich mir schleunigst was Neues überlegen. Horst mag es nicht, wenn die Abgabefristen nicht eingehalten werden…… Also: Eine Scobel-Sondersendung Modebloggen 2.0 Wohin geht’s? und Interviews gibt es leider keine! Aber – ich habe mir die Mühe gemacht, die sieben Berichte je zweimal zu lesen, dazu den Opener von Jessie und dann auch noch Einiges an Kommentaren. Und ich blicke tatsächlich durch, kann euch als Essenz des Gelesenen über nichts Geringeres als die Zukunft des Modebloggens nicht ins Bild setzen. An dieser Stelle fragt sich der Eine oder Andere schon zurecht, worum geht es zum Kuckuck noch mal? Ich lese doch hier und anderswo nur rein, um was Schönes aufzuschnappen und mich manchmal gut zu unterhalten. Das ist zwar richtig und bei Horstson geht es auch nur darum, aber da müsst ihr jetzt leider trotzdem durch:

Modebloggen ist bei Jung und Alt überaus beliebt. Es gibt zahllose Blogs, zu denen kein Verzeichnis existiert. Schon gar keines, mit einem Ranking nach Inhalten oder qualitativen Kriterien geordnet. Man hüpft von Blogroll zu Blogroll zu Blogroll oder fischt im überfüllten Modebloguniversum, wenn man, wie Jessica Weiss das laut Eigenaussage tut, 400 (ja, vierhundert) Blogs* pro Tag liest. Daisy ist Hobbymathematikerin: Das macht ohne Duschen, Händewaschen, Schlafen, Essen und so weiter immerhin zirka Dreieinhalb Minuten pro Blog und 24Stunden Tag … aber wer weiß das mit den in unserem Kosmos auf 1440 limitierten Minuten pro Tag schon so genau, wenn er ständig interviewt wird und bedeutend rüberkommen muss, weil er dem Medienmultikonzern Burda angehört. Irgendwann durfte man aus dem Mund von Jessie, wie wir Fans sie nennen dürfen, vernehmen, dass aus Deutschland einfach nichts Neues oder Spannendes an Modeblogs käme …. aber macht ja nichts, JW erklärte das heimische Qualitätsvakuum flugs zur Chefsache und rief die Aktion Modebloggen 2.0 Wohin geht’s? aus, in deren Rahmen nach dem Kick Off Bericht der Chefin sechs Blogger und ein Talent ohne Blog das „Phänomen Modebloggen“ (ich zitiere hier nur die Chefin) dem staunenden Leser erklären und die Zukunft des Modebloggens auf LesMads näherbringen durften. Und wie nahe, uijeee! Los ging es mit der Erkenntnis der Initiatorin, „die sich nach dreieinhalb Jahren Modebloggen nur noch selten dabei ertappt, wie sie etwas wirklich begeistert, oder, ihr bei bestimmten Reisen oder Anlässen die Pumpe geht.“ „Schmetterlinge im Bauch gebe es eben nicht auf Lebenszeit“… dass die Halbwertszeit des glücksbeseelten Schwebezustands für sie längst überschritten ist, konnte man als Leser aber auch ohne dieses konsequente Outing an einigen Beobachtungen festmachen: Nach Büroschluss am Freitag gegen 17 Uhr gibt es auf LesMads nur selten Berichte. Man will ja sein Wochenende nicht mit dem Schreiben von Berichten für die Bloglesergemeinde verderben. Und, die ganze Ausbeute des Fulltimejobs Bloggen sind magere fünf bis sechs – üblicherweise auch noch etwas zu kurz geratene – „Berichte“….. Die Essenz des etwas bräsig daherkommenden Vorstellungsberichts vom 25. Oktober: Larmoyanz und Selbstbeweihräucherung und ganze 23 der 35 Kommentare stammen von anderen Modebloggern; sind also eine Mischung aus Jessie, du hast Post von Kollegen und Eigenwerbung für deren Blogs. LesMads wird zuhauf als Erfolg verheißender Advertising Space von Modebloggern genutzt, die ihre Kommentare der Links wegen posten. Mir fällt kein vergleichbares Medium mit einer derart homogenen, sich gegenseitig bestäubenden und die Steigbügel haltenden Zielgruppe ein. Meine Frage ist, welche Schlüsse die Vordenker für Onlinekommunikation bei Burda und die Werbekunden des Blogs irgendwann mal daraus ziehen werden. Noch haben Modeblogs ja relative Narrenfreiheit, können gar nicht mit den Qualitätserwartungen, die an andere Medien ganz selbstverständlich gestellt werden, in Einklang gebracht werden, da ja quasi nur Autodidakten unterwegs sind. A pro Pos: Die Auswahl der Gastblogger mutet willkürlich, lieblos und für mich nicht nachvollziehbar an. Sollte man Blogleser und Werbepartner nicht als wertgeschätzte Kunden betrachten, denen man stets das Allerbeste bieten will, das verfügbar ist? Waren die Berichte Masse schafft Klasse! Von Rebecca Sandbichler, der Chefredakteurin des Blogger-Bookazine Circus, Willkommen im Club? Von Siems Luckwaldt, dem Mann, der bei Burda als Ressortleiter Fashion & Beauty der Style Group verantwortlich ist, und Anne Feldkamp vom Wiener Blog Blica noch ganz nett und stellenweise wolkenlos heiter, inhaltlich ohne Erkenntniszugewinnfaktor, aber auf jeden Fall erträglich, so wurde es mit dem Gaststar Jonas Scheller, der keinen Blog führt, sich aber mit einem Kommentar einen Namen gemacht hatte, ganz und gar dramatisch. In seinem Bericht und dem Kommentar verwurstet er dem Anschein nach so ziemlich alles, was er im Rahmen seines Studiums der Modewissenschaften über Mode und Journalismus gelernt hat. Zugegebenermaßen geschliffen geschrieben, aber im Kontext mit dem Blog LesMads viel zu hoch gegriffen. Man weiß doch, wie der Hase läuft, wenn man jeden Tag von wenigen immer gleichen und gleicheren Onlineshops, von Textilern wie Asos, Monki, Weekday, H&M und Urban Outfitters und den Hausdesignern Sabrina Dehoff und Diana Orving zu lesen bekommt. Was macht es also für einen Sinn, so zu tun, als hätte das vom Starautor der Woche insgesamt beklagte Fehlen eines adäquaten Modejournalismus, nichts mit dem Gastgeberblog und seinen Mangelerscheinungen zu tun. Aber wer weiß, wozu der überraschende Gastauftritt noch führen wird ….. vielleicht gibt es ja demnächst den Nachfolger von Style by Elsa Klensch von und mit Jonas Scheller als Fashion & Design Reihe mit wissenschaftlichem Hintergrund auf LesMads … einen Versuch wäre es wert. Der Marktführer sollte dringend an seinen Inhalten arbeiten. Könnte versuchen, zum frischen, charmanten und frechen Innovator zu werden. Was Eigenes zu erdenken, komplexe Gedanken in Berichte zu packen, die mehr besagen, als „mag ich, „kauf ich“, „guckt mal, dort bin ich gerade“, „ich geb ein Interview und erzähl was über meine Diana Orving Bluse und meine Zara Hose“ und so weiter. Nie war mir das so bewusst, als beim Lesen der Berichte von Katja für Bees & Balloons, die über die Diversität der Modeblogs berichtet. Der Bericht oszilliert inhaltlich zwischen Redundanz und Naivität. Dass es in einer Zukunfts-Vordenkerwoche auf LesMads noch viel schlimmer kommen kann, bewiesen an den Folgetagen Jana von flutsch that was it und Sevda „Su“ Albers von Youneak. Du gute Güte! Das einzig Bemerkenswerte an den Berichten der beiden sich in bräsiger Selbstgefälligkeit und –überschätzung sulenden Bloggerinnen sind die wenig kleidsamen Hüte, die sie auf den Fotos im Header tragen. Erstere zog es vor, die kritischen Kommentare konsequent zu ignorieren. Flutsch that was it als Programm? Jana verstummte und ward nicht mehr gelesen; während sich die Autorin des letzten Berichts sowohl in ihrem streckenweise kafkaesk formulierten Text, als auch in den Kommentaren zuerst in endlosem und langweiligem Namedropping aus der Sinnlose-Begriffe-Restekiste der Werbebranche erging und danach in den Kommentaren so sehr darin verhedderte, dass Jessie „Su“ mit einem die bösen Kommentatoren zurechtweisenden Kommentar beispringen musste. Und darüber sollte man sogar froh sein, da wir schlichten Leser andernfalls überhaupt keine Kommunikation zwischen der Bloggerin und ihren Lesern erleben hätten dürfen. Ignorieren ist das neue Rechthaben der Bedeutenden, scheint die Devise der Bloggerin zu sein. Aber man sollte Milde walten lassen, auch wenn Larmoyanz und Saturiertheit, die schon im Opener anklangen, nicht die Fakten des eigenen Blogs wiedergeben. Von einer Vierundzwanzigjährigen Quereinsteigerin verlange ich nicht, dass sie ohne inhaltliches und handwerkliches Backing durch die Verantwortlichen bei Burda auch nur annähernd erfüllt, wovon sie denkt, bereits gelangweilt zu sein. Meine Kritik kann also nur eine sein, die sich an den Medienkonzern und seine Gurus wendet …. In diesem Sinne: Modebloggen 2.0 – Viel Lärm um Nichts! Und ein paar hübsche, bunte aber fremde Federn des möglichen neuen Stylehosts Jonas Scheller! Da ich die Ältere und Berufserfahrenere bin, muss ich wenigstens versuchen, Vorbild zu sein. Drum, meine Empfehlung an die ambitionierte Modebloggerin: Streiche mindestens 90 Prozent der 400 Blogs, die du täglich für jeweils zirka dreieinhalb Minuten liest. Da ist so viel überflüssiges Wissen drin. Oder gleich gar keines. Jedenfalls kann man von einem Zuviel an Trivialität auch richtig doof werden. Und Themen, die anderswo schon gebracht wurden, können ohnehin nicht Messlatte und Inspiration des Marktführers sein. Erobere die Welt außerhalb deines Kleiderschranks und der Outlets von Textilketten und Websites der Onlineshops! Es gibt da Draußen noch was Anderes, über das man auf Modeblogs auch berichten könnte. Alles hängt mit Allem zusammen und Mode endet bestimmt nicht bei den Bezugsquellen, den Formen, Schnitten und der Passform unserer Lieblingsmarken. Und, wenn du dann mal gähnende Langweile hast, investiere knapp 15 Minuten und guck dir das kleine Filmchen an. So in etwa sieht es aus, wenn Leute Ahnung von dem haben, worüber sie so erzählen. Danach wird es dir schon viel leichter fallen, die Bedeutung von Modeblogs zu relativieren. Wir schreiben in unseren Blogs nicht an Weltliteratur. Im besten Falle liefern wir nützliche Informationen, die anderswo auch gegeben werden, zeigen nette Bilder und unterhalten ein wenig….

*Quelle: Jessica Weiss, LesMads; Sleek Shooting, Behind the Scenes Video-Interview am 21.10.2010

  • peter kempe
    11. November 2010 at 17:41

    daisy du verblüffst mich immer wieder!!!und herrn scobel mag ich natürlich auch irgendwie verehrte kollegin hab ich doch das gefühl das wir ne menge bei aller unterschiedlichkeit gemeinsam haben

  • itsallaboutchanel
    11. November 2010 at 18:28

    Danke.

  • Daisydora
    11. November 2010 at 18:46

    @ lieber Peter

    …. ich liebe und verehre Gerd Scobel schon seit der Redaktionsleitung bei der Kulturzeit, die ja meine 3Sat Lieblingssendung ist …. er ist mein favorisirter Moderator … schön, dass wir das Beide so sehen…. 🙂 … glaube auch, dass da noch mehr an Gemeinsamkeiten ans Tageslicht treten wird …

  • Rene Schaller
    11. November 2010 at 18:48

    ausgeholt und einmal voll auf die zwölfe gedonnert. nun muss nur noch dafür gesorgt werden, dass fräulein weiß auch ein bisschen was von ihrem ruhm abbegekommt.

  • ich
    11. November 2010 at 18:55

    Ihr solltet diesen Blog umbenennen: Schwulen/Intellektuellen/Hater-Geschwafel!!!

    Man seid ihr krank….

  • Daisydora
    11. November 2010 at 19:24

    @ich

    Danke, für deinen erhellenden Kommentar!
    Wenn schon, dann bin ich krank. Das ist mein Bericht, der hier nur erscheinen konnte, weil auf Horstson nicht reglementiert und zensiert wird.

  • Mat
    11. November 2010 at 20:38

    Was mal gesagt werden musste! Ich habe die Diskussion auf LM verfolgt und leider kam keine neue Erkenntnis bei rüber. Das Thema ist gut, die hier angebrachte Kritik auch und saugut formuliert!

  • peter kempe
    12. November 2010 at 10:20

    @ich
    würde mir wünschen das konstruktive kritik geübt wird das wäre schön und nicht solche ausfälle….

  • Daisydora
    12. November 2010 at 10:44

    @Mat

    Vielen Dank! …. bin aber noch in Bloggerausbildung, und das meine ich bestimmt nicht kokett. Sollte alles noch besser werden 🙂

    @peter

    Ich fände es auch toll, die volle Beitseite an Argumenten von „ich“ lesen zu können, die meine Beispiele und Kritik an LM atomisieren könnten / würden. Aber da kommt ja immer nichts, auch dann nicht, wenn man auf LesMads eine Unterhaltung per Kommentaren beginnt. Ich frage mich: Ist das etwa ein weibliches Kommunikationsproblem?

  • Daisydora
    12. November 2010 at 11:14

    @itsallabouchanel

    Merci! 🙂

  • Dana Li
    13. November 2010 at 23:06

    Danke!

  • Daisydora
    14. November 2010 at 21:02

    @Dana Li und René Schaller

    Über das Feedback von Bloggern zu so einem heissen Eisen freue ich mich sehr, da ihr ja befürchten müsst, deshalb von LesMads mit einem Bann belegt zu werden. Mit Regimekritikern gehen die nicht gerade zimperlich um…. Danke!

  • sirdorian
    14. November 2010 at 23:20

    man kann daisydora hier nur vollstens zustimmen und möchte noch darauf hinweisen das in anderen ländern die sache namens modebloggen einfach schon viel weiter ist. schweden ist hierbei ganz vorne dabei, allerdings auch in einer schwer kommerziellen form. abseits davon sehe ich les mads zwar als marktführer, aber die themenführerschaft haben sie schon lange nicht mehr. die gibt es auch nicht mehr in einer blogsphere die aus hunderttausenden modebloggern besteht. da sind die qualitativen sowieso mangelware und der ganze bade taste der mittlerweile da draussen vorzufinden ist, hat längst die überhand gewonnen.

  • Daisydora
    17. November 2010 at 21:46

    @sirdorian

    Auch für deinen Kommentar ganz herzlichen Dank!

    Aber auch ohne meinen Bericht wissen viele Blogleser, wie der Hase läuft, wie kommerziell die Interessen der exponierten Blogger mitunter sind, was für mich nicht per se falsch sondern kaufmännisch nachvollziehbar ist. Schlimm finde ich nur dieses wehleidige und scheinheilige Getue, den Mangel an Kreativität und mitunter auch den an Geist sowie die Steigbügelhaltermentalität, die nichts mit einem im Sinne der Leser verfolgten Qualitätsprinzip zu tun hat.